Walter Yu Lichtwanderung
Der Schöpfer schuf die Welt. Sein erstes Werk war das Licht. Licht ist formbar, genau wie Wasser. Es ist sichtbar und fühlbar, aber nicht berührbar. Licht bewegt sich zwischen stark und schwach, groß und klein, imaginär und real. Im Auge der Buddhisten ist die reale Welt eine Illusion. Und Licht ist Schöpfer sowohl der Realität als auch der Illusion.
Ohne Licht existiert keine Farbe, keine Form, die Welt ist auf das Chaos der Dunkelheit reduziert. Das Ende des physischen Lebens ist das hellste weiße Licht. Zwischen der Dunkelheit und dem weißen Licht befindet sich die Welt der Träume und Illusionen – unsere Welt. Die Illusion kann real sein und die Realität kann imaginär sein. Das Falsche und das Reale lassen diese phantasmagorische Welt mit Schwere und Leichtigkeit in sich verflechten.
In jedem Leben wohnt ein Licht, es ist die Form der Seele. Der Körper ist ein Tempel, in dem sich die Seele bewegt. In diesem Tempel ist sie friedlich oder rastlos, einsam oder erfüllt. Wenn der Tempel dieses Licht nicht mehr beherbergen kann, soll er es in die Licht-Welt wandern lassen. Dort ist es frei von Fesseln, von Sorgen, es gibt keine Zukunft und keine Vergangenheit. Es ist eine Art verwobene Präsenz, eine Erfahrung mit der Quelle des Lebens in Einklang zu kommen. In diesem Raum bist du ich und ich bin du, es gibt keinen Unterschied. Du bist auch die Blumen, die Bäume, die Bienen, die Schmetterlinge und die Fische, du bist die Berge, die Flüsse, die Sonne, der Mond und die Sterne. In diesem Raum bist du nicht nur ein Wassertropfen, sondern der ganze Ozean, du bist nicht nur ein Meteorit, sondern das ganze Universum. So wie das Taiji aus dem Wuji entsteht, ist das Kleine im Großen verborgen, und das Große wird im Kleinen gesehen.
Walter Yu’s Werke haben einen meditativen oder spirituellen Frieden der Leere. In dem von ihm geschaffenen Raum wandert das Licht der Seele frei umher. Es gibt kein Ziel, keine Dringlichkeit, keine Positivität und keine Negativität. Alles fügt sich zu einem Ganzen zusammen. Es trennt sich nie und kommt nie zusammen, es ist in Bewegung und in Stille, im Zustand der ständigen Präsenz. Dies verkörpert den ursprünglichen Zustand und den endgültigen Zustand.
Die Konzeption der chinesischen Literaten-Landschaftsmalerei ist eine spirituelle Reise, bei der der Maler mit der Natur in Einklang kommt, was auch als geistliche Reise angesehen werden kann. Der Wanderer streift durch die Landschaft und wird eins mit allen Wesen des Himmels und der Erde. In dieser Einheit bist Du ein Individuum so winzig wie ein Staubkorn, aber auch ein großartiges und grenzenloses Ganzes. Walter Yu’s Lichtserien wie Lichtberge, Lichtbrücken, Lichtsterne, Lichtgeister und Lichtschmetterlinge können sowohl als der Raum, in dem sich die Seele bewegt, als auch als die Erscheinung der Seele selbst betrachtet werden.
Die Werke des Künstlers, die während der Pandemie entstanden sind, erinnern daran, dass man selbst inmitten der Dunkelheit immer das Licht der Hoffnung selbst ist. Weder entstehen noch vergehen; weder unrein noch rein; weder zunehmen noch abnehmen. Deine Seele ist das unbegrenzte Licht, die Ewigkeit eines unendlichen Kreises.
(Dr. Meng Schmidt-Yin)