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Poesie der Linien

Nur scheinbar unscheinbar ist die Linie ein wesentlicher und bedeutender Bestandteil der bildenden Kunst und spielt in allen Stilen und Richtungen eine wichtige Rolle. Linien haben nicht nur eine Form, sondern auch Charakter. Sie wirken mal markant und kraftvoll, mal zart und filigran, mal geordnet, mal ursprünglich, mal nachdenklich, mal leidenschaftlich, mal strikt gerade und mal verspielt wellenförmig. Sie weben eine hypnotische abstrakte Poesie, die die Vorstellungskraft durch ihre Rigidität begrenzt oder durch ihren unbändigen Fluss zur freien Entfaltung ermutigt, die Bilder zu einem visuellen Fest werden und in ihnen leise Melodien und Rhythmen wie ein verborgenes Echo erklingen lässt.

In dieser Ausstellung werden vierundzwanzig Werke von vier Künstlern präsentiert, die auf vielfältige Weise die poetische Essenz der Linien in unterschiedlichen Stilen und Medien zum Ausdruck bringen. Die Werke können gleichermaßen ein helles, luftiges Emporsteigen darstellen wie auch ein mysteriöses, ernstes Herabsinken. Mal harmonisch und fließend, mal schwierig und rätselhaft. Wie eine ferne Erinnerung, wie die Scheu eines jungen Mädchens, wie die Aufregung eines Vogel Roch, wie die Stille einer Orchidee. Jedes Werk taucht ein in die Tiefen dieser poetischen Sphäre.

Drei der vier Künstler in dieser Ausstellung leben derzeit in Deutschland: Professor Chen Hongjie von der Peking-Universität, Jiang Huiquan, Absolventin der Central Academy of Fine Arts und des Massachusetts College of Art, sowie Li Peng, Absolvent der Akademie der Bildenden Künste in München, Deutschland. Die vierte Künstlerin, Francesca Mitterrand, lebt derzeit in Frankreich und hat bereits mehrfach in China ausgestellt. Ihre Werke sind tief in der östlichen Ästhetik und Zen-Erleuchtung verwurzelt.

(Dr. Meng Schmidt-Yin)

CHEN HONGJIE

Die abstrakte Kalligrafie von Chen Hongjie betont die Ausdruckskraft der Linien. Diese Linien besitzen nicht nur Formen, sondern auch Rhythmus und Harmonie. Der Künstler erschafft durch das Spiel der Linien eine einzigartige visuelle und akustische Erfahrung, eine Verschmelzung von Kraft und Schönheit. Sie erscheinen wie auf uns zustürzende chinesische Schriftzeichen, die zugleich vertraut und doch etwas unsicher wirken, und repräsentieren einen Zustand, der zwischen dem Greifbaren und dem Unergründlichen liegt. Abseits der funktionalen Aspekte der chinesischen Schriftzeichen als Mittel zur Informationsübertragung streben sie nach einer Form ästhetischer Schönheit, die auf der Aufteilung des Raums basiert.

Prof. Chen Hongjie, Professor für Bildungs- und Hochschulforschung an der Peking Universität, erlernte bereits als Kind die chinesische Schreibkunst und Malerei. Seitdem ist die Kalligraphie fester Teil seines Lebens. Seine Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen in China, Deutschland, Österreich, Italien, Japan und Kanada präsentiert.

Da Professor Chen hervorragend Deutsch spricht, bemüht er sich stets, dem deutschen Publikum die chinesische Kalligraphie näherzubringen, indem er in mehreren deutschen Städten wie Berlin, Erfurt, Regensburg, Greifswald und Stralsund Vorträge über Kalligraphie hielt und über Kalligraphie in Deutsch publizierte.

JIANG HUIQUAN

D Die aus China stammende und jetzt in Berlin lebende Jiang Huiquan ist eine multidisziplinäre Künstlerin. Sie erhielt ihren BFA von der Central Academy of Fine Arts in Peking und ihren MFA vom Massachusetts College of Art. In ihren Arbeiten reflektiert sie über Spiritualität, Natur, das Universum, Energie und Göttlichkeit und erforscht die Natur alter Weisheiten aus Ost und West sowie die spirituelle Verbindung zwischen dem menschlichen Körper, dem Verstand, dem Geist und dem Universum durch Malerei, Performance und Multimedia-Kreationen.

Die Werke von Jiang Huiquan verkörpern eine aufsteigende spirituelle Kraft, eine Suche nach Spiritualität, eine Meditation, die mit höheren Dimensionen verbunden ist. Die Harmonie von Körper, Geist und Seele schwingt in ihrer visuellen Kunst mit. In dieser Ausstellung präsentiert sie mehrere Werke unterschiedlicher Größe, die deutlich die künstlerische Tiefe zeigen, die sie über Jahre des Studiums sowohl der östlichen als auch der westlichen Ästhetik angesammelt hat. In dieser integrierten ästhetischen Perspektive versucht sie eine einzigartige Interpretation abstrakter spiritueller Konzepte wie Religion und Spiritualität durch visuelle Kunst.

LI PENG

Li Peng ist Absolvent der Akademie der Bildenden Künste in München und lebt derzeit in München. Er arbeitet mit verschiedenen Medien. Seine Werke spiegeln das Interesse an gesellschaftlichen Stimmungen und persönlichen Emotionen wider und legen den Schwerpunkt auf die Erforschung der Verfremdung von Formen, Mustern und Farben.

„Der Kern meiner Arbeit besteht darin, offen für das zu sein, was existiert, und an der Schnittstelle von Überlegung und Chance, Kontrolle und Zufall zu arbeiten. In meinem kreativen Prozess steht nicht das Malen im Vordergrund, sondern die Auswahlist wichtiger.

Sie versuchen nicht wirklich, den Betrachter über eine Erzählung zu informieren oder eine bestimmte Botschaft zu übermitteln, sondern wollen vielmehr, dass sich die Augen und der Geist des Betrachters frei bewegen können, wie ich es erlebt habe.“

FRANCESCA MITTERRAND

Francesca Mitterrand ist eine äußerst spirituell begabte Künstlerin. Bevor sie kreativ wird, hegt sie keinerlei vorgefasste Ideen. Nach der Meditation folgt sie ihrer Intuition, geleitet von ihrer Vorstellungskraft, und ruft eine Lebenskraft aus dem Nichts ins Sein. Sie ist davon überzeugt, dass sämtliche Geheimnisse der abstrakten Malerei in den Pinselstrichen verborgen liegen. Es gibt keinen vorher festgelegten Plan für die Fertigstellung eines Werkes; es ist ein spontaner künstlerischer Akt. Ihre Kunst ist autobiografisch und stellt einen stillen Ausdruck ihres persönlichen Lebens und ihrer Gefühle dar.