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Beifang – Gefesseltes Meer

Die Ausstellung „Beifang – Gefesseltes Meer“ lädt zu einer stillen, eindringlichen Reise in die Welt der Ozeane ein – und in die verborgenen Verflechtungen, die das fragile Gleichgewicht dieser Welt bedrohen. Zu sehen sind fotorealistische Gemälde des kanadischen Künstlers Mathias Horne, in denen Wale, Delfine, Rochen und Meeresschildkröten in ihrer natürlichen Anmut und stillen Präsenz dargestellt sind. Die Tiere erscheinen in ihrem Lebensraum, frei von dramatischer Inszenierung – kraftvoll, würdevoll, zeitlos.
Die Entscheidung, sie in Schwarz-Weiß zu zeigen, ist eine bewusste Reduktion: Sie verleiht den Bildern eine ruhige Klarheit, hebt Form und Ausdruck hervor und schafft Raum für stille Reflexion. Der Verzicht auf Farbe verstärkt die meditative Wirkung – nicht als Verzicht, sondern als Einladung zur Achtsamkeit.
Im Zentrum des Ausstellungsraums entfaltet sich eine raumgreifende Installation: Ein großes, sichtbar gespanntes Fischernetz durchzieht den Galerieraum – nicht als bloßes Objekt, sondern als stiller Mitspieler. Es gliedert den Raum, lenkt den Blick, verlangsamt den Schritt und verändert die Wahrnehmung der Besucherinnen und Besucher. Man bewegt sich mittendurch, wie ein Meereswesen, das sich vorsichtig und lauschend durch eine fremd gewordene Welt tastet. Der Blick auf die Gemälde fällt durch die Maschen hindurch – als sähe man die Meereswelt aus einer anderen, gefilterten Perspektive: verletzlich, atmend, still.

Beifang – im ökologischen Sinne – bezeichnet all jene Meereslebewesen, die unbeabsichtigt in den Netzen der industriellen Fischerei gefangen werden: oft tödlich für die Tiere, oft unsichtbar für die Welt.

Die Ausstellung nimmt diesen Begriff als Ausgangspunkt einer sinnlich-räumlichen Reflexion. Sie fragt nicht nur nach dem Schicksal der Meerestiere, sondern auch nach unserer eigenen Rolle im Netz:

Wer ist hier eigentlich gefangen?

Die Delfine, Wale und Schildkröten – oder wir selbst? Verstrickt in Routinen, Konsumgewohnheiten, politischer Passivität? Das Netz wird zum sichtbaren Symbol – und zugleich zum Spiegel eines Systems, das aus dem Gleichgewicht geraten ist. Und es wird zum Raum der Selbstbefragung.

Bewusst verzichtet die Ausstellung auf Schockbilder oder direkte Anklage. Stattdessen setzt sie auf Stille, Präzision und Präsenz. Die Werke geben den Tieren Individualität und Würde, während die Netzinstallation leise von Kontrolle und Begrenzung erzählt – von einer Welt, in der vieles sichtbar wird, was allzu oft übersehen bleibt.
„Beifang – Gefesseltes Meer“ ist Kunst und zugleich eine Einladung zur Verantwortung: für das Meer, für die Vielfalt des Lebens, für unser Verhältnis zur Natur. Sie fordert nicht laut, sondern öffnet einen Raum der Aufmerksamkeit – und stellt eine leise Frage, die nachhallt: Wie frei sind wir wirklich – und was braucht es, um das Netz zu lösen?